- Tarifautonomie
- Tarifmacht.I. Arbeitsrecht:Recht der Koalitionen, unabhängig von staatlicher Einflussnahme, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu regeln.- 1. Grundsätzliches: Die T. ist in ihrem Kernbereich durch die ⇡ Koalitionsfreiheit (Art. 9 III GG) verfassungsrechtlich mitgeschützt. Gesetzlich konkretisiert ist die T. im ⇡ Tarifvertragsgesetz (TVG). Die Auffassungen über die Legitimation der Tarifvertragsparteien zur Rechtsetzung durch Tarifvertrag sind geteilt: Teilweise wird vertreten, die Autonomie sei vom Staat delegiert; nach anderer Ansicht handelt es sich um eine originäre Rechtsetzungsbefugnis. Die Rechtsetzungsbefugnis wird auch unmittelbar aus Art. 9 III GG abgeleitet.- 2. Grenzen der T.: a) Die Tarifmacht der Tarifvertragsparteien ist auf Verbandsangehörige beschränkt; keine Rechtsetzung gegenüber Außenseitern (§ 4 I TVG).- b) Unzulässig sind ⇡ Differenzierungsklauseln.- c) Die Regelungszuständigkeit ist auf die „Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ beschränkt. Die Tarifvertragsparteien können z.B. nicht die zwingenden Bestimmungen über die Unternehmensverfassung (AktG, GmbHG, MitbestG) ändern.- d) Die Individualsphäre der Arbeitnehmer ist der tarifvertraglichen Rechtsetzung entzogen, z.B. sind Vorschriften über die Lohnverwendung unzulässig.- e) Unzulässig ist weiter ein Eingriff in bereits entstandene Lohnansprüche (Verstoß gegen Art. 14 GG). f) Nach überwiegender Auffassung sind die Tarifparteien an das Gemeinwohl gebunden; z.B. können Tarifabschlüsse, die die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in grober Weise missachten, nichtig sein (§ 138 BGB).II. Verkehrsrecht:Berechtigung eines Verkehrsträgers, über die Ausgestaltung der eigenen Tarife selbst zu bestimmen. Während im öffentlichen Personenverkehr die T. durch die Aufsichtsbehörden begrenzt wird, liegt sie im Güterverkehr nach der Tarifreform bei den Verkehrsunternehmen.
Lexikon der Economics. 2013.